Corporate Governance_1

Die Unternehmensorganschaft in der Unternehmenskrise


Ein Beitrag von dem SEViX Gründer, Rainer E. Ulrich und dem SEViX Senior Executive Partner, Dr. Tomas Forster

Die Herausforderungen und Pflichten des Aufsichtsrats in der Krise

In Unternehmenskrisensituationen hat der Aufsichtsratsvorsitzende, der in Personalunion auch Leiter des Personalausschusses ist, besonders seine Personalkompetenz zu zeigen und unternehmerische Verantwortung wahrzunehmen. Dazu kann er das Auf­sichtsgremium durch neue Mitglieder verstärken. Auch ist es seine Pflicht, den Vorstand oder einzelne seiner Mitglieder vorzeitig abzuberufen, wenn ein massiver Vertrauensver­lust vorliegt oder wenn der Vorstand keine eindeutigen Antworten auf kritische Fragen geben kann.
Gravierender erscheint es allerdings, wenn einem Vorstandsmitglied die unter­nehmerische Befähigung zur Bewältigung einer Krise oder eine grundsätzliche unternehmerische Kompetenz fehlt. Dies gilt besonders, wenn der Vorstand einen erforderlichen Insolvenzantrag nicht stellt (rechtfertigender Grund im Sinne des § 75 Abs. 4 AktG Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung). Unter Umständen muss der Aufsichtsrat unter Zuhilfenahme Sachverständiger eine eigene Analyse und in Unternehmenskonzept erstellen. In der Sanierungsphase selbst hat der Aufsichtsrat zu prüfen, ob die erforderlichen Maßnahmen zeitgerecht und mit der nötigen Sorgfalt definiert werden, und auf ihre Umsetzung zu drängen.
Kommt der Aufsichtsrat vorgenannten Überwachungspflichten, aus denen sich, wie dargestellt, auch eine Handlungspflicht hinsichtlich einer etwaigen Neubesetzung des Vorstands ergeben kann, nicht nach, macht er sich schadensersatzpflichtig. Rechtlicher Ausgangspunkt dieser Haftung ist dabei § 116 Abs. 1 AktG, der auf § 93 Abs. 2–6 AktG verweist. Der Aufsichtsrat trägt damit eine hohe Mitverantwortung dafür, eine eindeutige Unternehmensanalyse, eine darauf basierende „richtige“ Strategie für das Unternehmen zu entwickeln und eine „gute“ Führung des Unternehmens durch einen geeigneten Vorstand sicherzustellen. Heute mehr als zuvor stellt sich deshalb die Frage nach der Kompetenz des Aufsichtsrates. Der Aufsichtsrat muss in der Lage sein, die richtigen Fragen zu stellen.

Die notwendigen Kompetenzfelder des Aufsichtsrates in der Krise

Dazu muss er mehrere Kompetenzfelder abdecken können. Zu den Kompetenzfeldern gehört mit Sicherheit Finanz- und Kontrollkompetenz, um den ursächlichen Aufgaben und Pflichten eines Aufsichtsrats nachzukommen. Mit Krisensituationen werden allerdings andere Kompetenzfelder in den Vordergrund rücken und Prioritäten verändern. Dies sind:
  • soziale Kompetenz,
  • strategische Kompetenz (antizipative Fähigkeiten)
  • sowie Kompetenz zum Themenbereich Innovation.
Der Aufsichtsrat sollte in erster Linie in der Lage sein zu beurteilen, ob die Unter­nehmensstrategie und das durch Vorstand und Geschäftsführung entwickelte Geschäfts­modell erfolgversprechend und wettbewerbsfähig sind. Dazu muss er über eine eigene strategische Kompetenz verfügen, die es ihm ermöglicht, Fragen nach dem ein­geschlagenen Strategietypus, nach Wettbewerbsposition, nach Wettbewerbsvorteilen, nach Marktanteilen oder Marktanalysen zu stellen. Sind die Leistungskennziffern und die Auftragseingänge des Unternehmens (KPIs) schlechter, gleich oder besser als der Branchendurchschnitt? Auch sollte Wissen über strategische Neuausrichtungen oder Strategieentwicklungsprozesse vorliegen. Eine strategische Kontrollpflicht, heute wichtiger als je zuvor, kann kein Aufsichtsrat wahrnehmen, wenn ihm dazu bestimmte Bausteine fehlen. Nicht nur in Zeiten einer Krise kommt es besonders auf einen starken strategisch und unternehmerisch handelnden Vorstand oder CEO an.
Das Thema Innovationsfähigkeit wird im künftigen Wettbewerb eine ganz ent­scheidende Rolle spielen. Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit werden davon abhängen. Der heutige Aufsichtsrat kann seiner Kontrollpflicht nur nachkommen, wenn er sich ständig mit der Überprüfung der Innovationsfähigkeit des Unternehmens aus­einandersetzt und dazu erforderliche Kennzahlen einfordert.

Identifikation und Berufung des richtigen Vorstands

Kernaufgabe und Kernkompetenz des Aufsichtsrats liegt in der Identifikation und Berufung des richtigen Vorstands, besonders gilt dies für die Besetzung des CEOs. Hier hat der Auf­sichtsrat eine hohe Verantwortung, wenn er jemanden die Führung eines Unternehmens anvertraut. Dieser Manager wird für Ergebnisse und Entwicklung der Zukunft des Unter­nehmers im Wettbewerb sowie für seine Mitarbeiter maßgeblich sein wird.
Dabei muss der Aufsichtsrat vor allem auf die Fähigkeit des Vorstandes für die Umsetzung einer permanenten strategischen Transformation des Unternehmens achten, die nie endet. Die soziale Kompetenz des Aufsichtsrates erfordert allerdings auch schnelles Handeln und das Zugeben von Fehlentscheidungen, sollte es zu Fehlbesetzungen beim Vorstand gekommen sein.
Bei Abberufungen von Vorständen und unmittelbar erforderlichen Neubesetzungen bietet sich mit einem CEO ad interim für den Aufsichtsrat eine optimale Möglich­keit an: Der CEO ad interim ist unmittelbar verfügbar, er verfügt über hohe soziale und strategische Kompetenz, an ihn müssen im Falle von einer Trennung keine hohen Abfindungen gezahlt werden und er kann durchaus im Erfolgsfall längerfristig an das Unternehmen gebunden werden. Der CEO ad interim ist eine Lösung, die bei Aufsichts­räten noch immer zu wenig bekannt und angewendet wird. Gerade Krisenzeiten wie Corona könnten dieses Modell nach vorne bringen.


Hard Cover Front_Unternehmenskrisen erfolgswirksam managen

Fazit

Wir sind glühender Verfechter von Offenheit, Leistung und Verdienst. Unsere feste Überzeugung sind, dass der Aufsichtsratsvorsitzende, der gleichzeitig auch Leiter des Personalsauschuss ist, jedem CEO in der Unternehmenskrise, der das Potenzial eines Krisenmanagers hat, eine Chance geben muss. Das lässt auch den Umkehrschluss (argumentum e contrario) zu, dass man sich von „empty suits“ in der Unternehmenskrise trennen und diesen sofort durch einen krisenerfahrenden CEO ad Interim ersetzen muss.

Übrigens Steve Jobs hatte in den 90ern Apple als CEO ad Interim aus der Krise geführt.

Denn es geht um nichts Geringeres als um die Zukunft von Menschen und Wirtschaftsunternehmen. Verschlafen und verspielen dürfen wir diese nicht, denn wir kommen keine zweite Chance.



Aus unserer Sicht muss der heutige Aufsichtsrat - als starke, antizipative, unternehmerische Persönlichkeit - in erster Linie in der Lage sein, zu beurteilen, ob die Unternehmensstrategie und das durch Vorstand und Geschäftsführung entwickelte Geschäftsmodell resilient und wettbewerbsfähig sind. Bei einem resilienten Geschäftsmodell kommt dieses Unternehmen gestärkt aus der Unternehmenskrise heraus, was Sie bitte aus der beigefügten Abbildung entnehmen können.

Resiliente Geschäftsmodelle - Bewertungen von Unternehmen (3)
    Dazu muss der Aufsichtsratsvorsitzende über eine eigene strategische Kompetenz verfügen, die es ihm ermöglicht, Fragen nach dem eingeschlagenen Strategietypus, nach Wettbewerbsposition, nach Wettbewerbsvorteilen, nach Marktanteilen oder Marktanalysen zu fragen. Sind die Leistungskennziffern und die Auftragseingänge des Unternehmens (KPIs) schlechter, gleich oder besser als der Branchendurchschnitt?

    Das könnte Sie interessieren: Im Gabler Wirtschaftslexikon ist unser Stichwort „Strategische Business Transformation“ aus unserem Buch „Unternehmenskrisen erfolgswirksam managen – Strategische Business Transformation als Königsdisziplin“ aufgenommen worden. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/strategische-business-transformation-123559



    Die strategische Business Transformation verfolgt durch die Einbindung und Integration der Stakeholder einen holistischen Systemansatz. Sie folgt der Devise, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Die strategische Business Transformation mit ihrem starken Fokus auf die Strategieentwicklung setzt vor allem auf Methoden der Markt-, Branchen- und Wettbewerbsanalyse. Daneben sind SWOT-Analyse – Stärken- und Schwächenanalyse – sowie ein professionelles Projekt-Management entscheidende Elemente der Umsetzung. Auch Multiplikatoren- und Promotorenkonzepte, womit Betroffene zu Beteiligten gemacht werden, haben sich in der Praxis als erfolgswirksam erwiesen.


    Bitte nehmen Sie direkt mit uns Kontakt auf, wenn Sie konkrete Hilfe bei strategischen Business Transformation Projekten benötigen.

    Wir übernehmen unternehmerische Verantwortung und gehen in die Organschaft von Unternehmen als CEO ad interim / CFO ad interim oder Aufsichtsrat.


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