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Kurze Vorstellung

  • Wie verkürzen wir unsere Time-to-Market und werden gleichzeitig innovativer und flexibler?
  • Wie entwickeln wir das für unsere Kunden passende Produkt?
  • Wie bekommen wir Projekte schneller und besser umgesetzt?
Antworten darauf verspricht Agilität. Doch was ist da dran? Worauf kommt es bei Agilität an?

Ein Interview mit dem SEViX Partner, Experten und Autor Torsten Scheller[1].

[1] Torsten Scheller ist Experte für Agilität und agile Veränderungen. Er kombiniert Erkenntnisse u.a. aus Betriebswirtschaftslehre und Technik, Organisations- und Sozialpsychologie, System- und Komplexitätstheorie zu neuen Organisationsformen. Sein Ziel sind leistungsfähige Organisationen mit herausragenden Produkten. Weiterhin ist er Coach, Trainer und Berater sowie Autor des Buches „Auf dem Weg zur Agilen Organisation“ (573 S., Vahlen, 2017). Zudem bildet er agile Coaches aus und unterstützt sie in der Praxis.


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SEViX: Die Hochschule Pforzheim führte von Juli bis Oktober 2016 eine qualitative Studie in deutschen Unternehmen zum Thema Agilität durch. Dabei wurden in Form von leitfadengestützten Interviews 45 Personen in Leitungsfunktionen befragt. Dabei stellte sich heraus, dass Agilität mit vier Begrifflichkeiten assoziiert wird:
  • Erstens ist damit eine hohe Entscheidungsgeschwindigkeit gemeint, mit der auf Veränderungen reagiert wird.
  • Zweitens ist in der Umsetzung die Anpassungsfähigkeit gefragt.
  • Drittens steht die Zufriedenheit des Kunden im Fokus.
  • Und last, but not least ist eine gewisse Haltung gefragt: Führungskräfte sollen mit ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe kommunizieren.
Korrespondieren diese Erkenntnisse mit Ihrer Sicht aus der Praxis?

TS: Absolut! Genau darum geht es bei Agilität: Erfreue deinen Kunden, indem ihm ein Nutzen durch dein Produkt entsteht. Dazu müssen Entscheidungen schnell getroffen werden. Dabei kann es passieren, dass wir eine falsche Entscheidung treffen. Das ist völlig normal, doch dann haben wir wenigstens etwas gelernt. Die perfekte Entscheidung zu spät ist viel schlimmer. Das Problem heute ist Zeit, nicht Geld! Wir haben heute für die Vermarktung von Produkten oft nur kurze Zeitfenster, bis ein Nachahmer kommt, ein Substitutionsprodukt oder gar eine substituierende Technologie! In der Umsetzung müssen wir adaptiv vorgehen, also anpassungsfähig sein, und immer wieder mit dem Kunden überprüfen, ob wir noch das Richtige tun. Gleichzeitig wird dabei unser Unternehmen insgesamt adaptiver, weil wir Prozesse, Entscheidungswege usw. anpassungsfähiger – und damit auch schneller – machen. Natürlich ist dazu eine andere Zusammenarbeit, eine andere Führung notwendig. Agilität verändert also mehr als nur die Ebene der Methoden und Tools! Einziger Kritikpunkt an der Studie ist mir die zu kleine Stichprobe ...

SEViX: Agilität ist damit nichts völlig Neues ...
TS: Ganz genau! Es geht immer noch um den Peter Drucker zugeschriebenen Spruch: „Die richtigen Dinge richtig tun.“ Und das heißt dann beides: Effektivität und Effizienz – dies wird leider zu häufig übersehen. Die falschen Dinge werden nicht richtig, nur weil wir sie perfekt tun! Und um die richtigen Dinge herauszufinden, brauchen wir den Kunden, müssen mit ihm reden, müssen ihn immer wieder testen lassen, was wir bisher geschaffen haben. Denn nur er kann wissen, was sein Nutzen an unserem Produkt ist. Um herauszufinden, wie die Dinge richtig zu tun sind, brauchen wir die Mitarbeiter. Nur sie wissen, wie die Dinge zu tun sind, wie wir was am besten machen. Agilität dreht sich damit um Menschen: Kunden und Mitarbeiter!

SEViX: Lässt sich der Erfolg agiler Unternehmen quantifizieren?
TS: Ja, z.B. hat BCG in einer Studie[1] festgestellt, dass agile Unternehmen bis zu fünfmal häufiger überdurchschnittliche Margen erzielen und stärker wachsen als der Durchschnitt. Agilität lohnt sich, ist allerdings nicht einfach – das ist eine tiefgreifende Veränderung des Unternehmens!

SEViX: Was ist dran an der gegenwärtigen Hype um Agilität?
TS: Ja, aktuell erleben wir einen regelrechten Hype um Agilität, da muss jetzt alles und jeder agil sein, da ist sicher ist viel Übertreibung dabei. Agilität ist dann notwendig und sinnvoll, wenn Unternehmen flexibler und schneller werden müssen, wenn sie innovativere Produkte schneller auf den Markt bringen müssen. Attraktiver für jüngere Mitarbeiter zu werden und „New Work“ zu erreichen, kann dabei nur eine Auswirkung und niemals Ziel sein. Bei Agilität geht es darum, die Anpassungsfähigkeit von Organisationen zu verbessern, die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Das dies dann zu interessanteren Tätigkeiten, vernetztem Arbeiten und Denken führt, die Mitarbeiter ganzheitlich fordert, ist klar und auch sehr gut.

SEViX: Wie sieht es in der Praxis mit dem Erfolg von Agilität aus?
TS: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und man es richtig macht, dann bietet Agilität sehr viel. Leider ist das nicht überall gegeben. Wir sehen viel Fake Agile, wir sehen Bestrebungen, die eigentlich New Work erreichen wollen und dazu Agilität verwenden, weil es am Markt das einzige Konzept für artgerechtes arbeiten ist. Viele haben auch Pech, mit nicht passenden Rahmenbedingungen und ihren Beratern ... Insgesamt schätze ich, dass aktuell nur 4% im Markt eine reale Chance auf echte Agilität haben und sehe das leider in der Realität bestätigt. Das ist schade, das müsste nicht sein.

SEViX: Was sehen Sie als Was Ursachen dafür?
TS: Agilität ist eben keine Tools- und Methodensammlung, sondern geht viel tiefer! Es ist eine grundsätzlich andere Art und Weise, Arbeit zu organisieren. Es werden andere Führungskonzepte notwendig, Entscheidung und Verantwortung müssen anders organisiert werden, Macht anders organisiert werden ... Das geht sehr tief in die Organisation hinein, da geht es um Organisationsentwicklung. Agilität ist eine tiefgreifende Veränderung von Organisationen – und viele schrecken an diesem Punkt zurück und bleiben dann stecken. Das ist schade, weil das Potential nicht ausgeschöpft wird. Und: Ja, Agilität ist nicht einfach, das ist ein komplexes Vorgehen zur Lösung komplexer Probleme.

SEViX: Unternehmen fragen sich heute z.B.:
  • Sie stellen wir uns im globalen Wettbewerb auf?
  • Werden wir im Wettbewerb zwischen FAANG (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Alphabet’s Google) und den Chinesen zerrieben?
  • Wie bekommen wir unsere neuen Produkte in der Hälfte der Zeit auf den Markt und zudem innovativer und preisgünstiger?
Wie hilft Agilität dabei?
TS: Wir sind mitten in einem Paradigmenwechsel: Produkte und Leistungen hängen immer stärker von Kopfarbeit statt von Handarbeit ab. Der Anteil an Software und Elektronik in den Produkten nimmt zu, die Produkte werden technisch komplexer und ihre Vermarktung damit schwieriger. Genau hier liegt ja auch die Stärke der deutschen Wirtschaft: Mit Intelligenz und
Erfindungsreichtum immer wieder Kunden mit innovativen Produkten für „Made in Germany“ zu begeistern. Mit der zunehmenden Kopfarbeit kommt dem Menschen eine stärkere Bedeutung zu – und zwar dem ganzen Menschen! Wir brauchen nicht mehr wie früher nur seine Hände, sondern auch seinen Kopf! Dies erfordert dann eine komplett andere Organisation von Arbeit! Kopfarbeit muss anders organisiert werden als Handarbeit – und vor allem auch anders geführt werden! Und genau daran scheitern weltweit fast alle Unternehmen, die sich an Agilität versuchen. Sie führen das nur auf Tools- und Methodenebene ein und scheitern dann an überholten Organisations- und Führungskonzepten.

SEViX: Das klingt nicht gerade zuversichtlich ...
TS: ... doch, es ist nur eben eine sehr große Veränderung zum bisherigen. Und hier bleiben sehr viele stecken, wenn sie merken, dass es tiefer als die Tools- und Methodenebene geht. Und oft hindern dann auch genau diese Tools an der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit. Das ist genau das, was wir in der Praxis tagtäglich sehen. Und ich glaube, dass nicht jeder, der Agilität heute versucht, diese auch wirklich braucht (s.o.). Agilität brauchen Sie dann, wenn Sie komplexe Aufgaben lösen müssen. Wenn nicht klar ist, was der Kunde will – auch ihm selbst nicht – und wie das dann umzusetzen ist. Dazu müssen Dinge ausprobiert werden, da muss mal was versucht werden. Klar, da geht auch mal was schief. Wichtig bleibt immer, aus allem, was passiert, zu lernen.

SEViX: Wie stark wird Agilität die Unternehmen verändern?
TS: Agilität wird die Unternehmen individualisieren. Es gibt nicht den einen Weg zu Agilität – auch wenn Berater das versprechen, um vorgefertigte Lösungen wie das SAFe-Framework zu verkaufen. Das kann nicht funktionieren. Jedes Unternehmen ist anders, selbst in der gleichen Branche. Jedes Unternehmen ist individuell komplex und braucht daher eine individuelle Lösung. Und diese müssen die Unternehmen selbst entwickeln, sie müssen ihre individuelle Agilität selbst entwickeln. Weil eben niemand das Unternehmen und seinen Markt so gut kennt wie es selbst. Diese unternehmensindividuelle Agilität ist dann gleichzeitig ein Wettbewerbsvorteil, weil sie nicht kopierbar ist. In der IT ist das weitgehend bekannt, daher gehen die erfolgreichen Unternehmen, z.B. Spotify, auch sehr offen mit ihren gefundenen Lösungen für Agilität um. Weil sie eben wissen, das kann man nachbauen und es wird nicht funktionieren. Sie verstehen das eher als Anregung für andere, ihren eigenen Weg zu suchen.

SEViX: Was brauchen Unternehmen, um agil zu werden?
TS: Jeder kann sich nur selbst verändern – auch Unternehmen. Dazu braucht es Einsicht und ein Verständnis vom Zielzustand. Ein Begleiter kann dabei unterstützen, beides zu formulieren. Gehen muss man den Weg selbst, auch hier kann ein guter Begleiter unterstützen. Ich halte im Übrigen einen echte coachende Haltung für extrem hilfreich, weil sie dem Kunden auf Augenhöhe begegnet und klar macht: Der Kunde kennt sich, seine Produkte und Technologien, den Markt, seine Kunden
am besten. Der Coach bringt Fragen, Ideen, Methoden, etc. mit – und gemeinsam wird eine Lösung gefunden.
Und es braucht die passenden Rahmenbedingungen.

SEViX: Sie betonen immer die Rahmenbedingungen ...
TS: ... richtig, Sie brauchen bestimmte Rahmenbedingungen, damit Agilität funktionieren kann. Unternehmensexterne Rahmenbedingungen wären z.B. eine komplexe Problemstellung, also ein Problem, bei dem Pläne nicht funktionieren können. Wenn ein Plan funktioniert, wenn Sie also wissen, was und wie zu tun ist, dann bitte keine Agilität machen, das wäre nicht effizient. Wenn Sie z.B. etwas Neues entwickeln wollen, was Sie noch nie gemacht haben, dann kann Agilität eine gute Idee sein. Wenn Sie die 10. Verbesserung von etwas Bekanntem machen, brauchen Sie keine Agilität. Agilität ist also nicht überall notwendig und sinnvoll.
Sie brauchen schnelles Feedback von Ihren Kunden, diese müssen sich mit Ihren Ideen und Zwischenergebnissen auseinandersetzen, damit Sie lernen können, was das richtige Ding ist. Wenn Ihnen der Kunde eine Spezifikation „über den Zaun wirft“ und in 5 Jahren das Produkt abholen kommen will, können Sie nicht agil sein. Sie brauchen kontinuierlich schnelles Feedback vom Kunden, ohne dieses können Sie nicht agil sein.
Unternehmensinterne Rahmenbedingungen wären z.B. dass die Mitarbeiter „schnell mal was bauen“ können, um eine Idee mit Kunden zu testen. Dazu muss das Management Rahmenbedingungen setzen, in denen die Mitarbeiter sich frei bewegen und frei entscheiden können. Da geht dann auch mal was schief, da wird dann auch mal Geld verschwendet. Nur: Der Zeitverlust durch „Freigabeprozeduren“ und Kontrolle ist sehr viel teurer – Zeit ist Geld. Z.B. darf bei Morning Star jeder Mitarbeiter bis 20.000 US-$ selbst entscheiden und einkaufen. Die Kollegen passen da schon auf, dass kein Unsinn mit dem Geld betrieben wird.
Weiterhin müssen Entscheidungen dorthin verlagert werden, wo die höchste Kompetenz vorhanden ist, das ist meist auf der Sach- und Fachebene. Dort muss schnell entschieden werden können, um schnell etwas zu entwickeln und mit dem Kunden zu testen ...
Vielleicht sehen Sie an diesen Beispielen, dass Agilität eben sehr weit über die Tool- und
Methodenebene hinausgeht und warum ich meine, dass es nicht leicht ist ... Lohnen tut sich Agilität allemal.

[1] https://www.bcg.com/de-de/d/press/20march2017-agile-unternehmen-152999



SEViX: Herr Scheller, wir danken Ihnen für dieses Gespräch






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Torsten Scheller _Auf dem Weg zur agilen Organisation